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Unsere Beziehungen – herausfordernd und lebenswichtig

Die Verbundenheit von Menschen nennen Psychologen Soziale Beziehungen. Sie reichen von der Paarbeziehung bis zur Nachbarschaft und prägen unseren Alltag nachhaltig. Kinder, die ohne Soziale Beziehungen aufwachsen, leiden ihr ganzes Leben darunter. Neurowissenschaftler konnten sogar zeigen, dass das Gehirnvolumen von stark vernachlässigten Kindern kleiner ist als von einer Vergleichsgruppe. (vgl. Nuria Mackes, King‘s College London)

 

Menschen lebten schon immer überwiegend in Gruppen. Freiwilliges Einzelgängertum, wie Forscher etwa bei Wildbienen oder Eisbären beobachten, gibt es beim Homo sapiens nur selten. Alleine zu sein oder von der Gruppe verstoßen zu werden, bedeutete lange Zeit den sicheren Tod. Und auch heute gibt es Gebiete – etwa in Syrien oder im brasilianischen Regenwald – in denen eine Person alleine nicht lange überlebt.

Mann küsst Frau auf die Stirn
Mann küsst Frau auf die Stirn

Sie sehen: Es ist wichtig, die eigenen Beziehungen im Blick zu haben. Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Arten von Beziehungen es gibt, was eine gelungene Verbindung auszeichnet und wie Sie Ihre Beziehungsfähigkeit erhalten. 

Unsere Beiträge sind sehr ausführlich. Bitte nutzen Sie daher zur besseren Navigation das Inhaltsverzeichnis. Sollten Sie ergänzende Anregungen oder eigene Erfahrungen zum Thema besitzen? Freuen wir uns natürlich sehr über ein entsprechendes Kommentar am Ende des Beitrages.  

Wir wünschen eine inspirierende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis
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    Welche Arten von Beziehung gibt es?

    Die Forschung untersucht unterschiedliche Arten von Beziehungen. Die Sozialpsychologie beschäftigt sich mit Kleingruppen. Dazu zählen Schulklassen, die Yoga-Gruppe an der Volkshochschule, Therapiegruppen, Nachbarschaften, Familien und Paare. Die Zweierbeziehung spielt dabei eine besondere Rolle, da sie erst seit den 1970ern an Bedeutung gewinnt und eingehender untersucht wird. Freundschaften, Eltern-Kind-Beziehungen und natürlich Paarbeziehungen.  

     

    Die Digitalisierung hat ein neues Forschungsfeld hervorgerufen: virtuelle Netzwerke und virtuelle Beziehungen. Hier gibt es noch viel zu erkunden. Wenn man allerdings eine E-Mail-Freundschaft oder eine Fernbeziehung, die vor allem via Skype existiert, mit Brieffreundschaften vergleicht, fällt auf: Die Einstellung gegenüber „unechten, digitalen Kontakten“ kann auch mit Vorurteilen behaftet sein. 

     

    Die Gemeinsamkeit aller Beziehungen: Sie basieren auf Kontakt und sind direkt oder indirekt auf Unterstützung ausgerichtet.

    An diesen Merkmalen erkennen Sie, dass Sie eine Bindung zu einer Person aufgebaut haben:

    • Sie empfinden Stress bei dem Gedanken, dass die Person aus Ihrem Leben verschwindet. 
    • Es ist Ihnen wichtig, Nähe herzustellen und aufrecht zu halten.
    • Sie fühlen sich sicher und gestärkt durch den Kontakt und werden mutiger, selbstsicherer.

     

    Bindungsstile und Störungen: Wie ticken Sie in der Beziehung?

    Die bekannten Entwicklungsforscher Mary Ainsworth und John Bowlby haben in zahlreichen Experimenten drei kindliche Bindungsstile herausgearbeitet. 

     

    Das Experiment „Der fremde Situations-Test“ sieht ungefähr folgendermaßen aus:

     

    Die Mutter betritt mit ihrem Kind einen Raum mit einer Spielecke und einer fremden Frau auf einem Stuhl. Die Mutter setzt ihren Nachwuchs zu den Spielzeugen und animiert es, sich damit zu beschäftigen. Dann verlässt sie das Zimmer. Am Verhalten des Kindes lässt sich die Bindung zwischen Mutter und Kind erkennen. 

     

    1. Sicherer Bindungsstil
      Die Mutter verlässt den Raum. Das Kind protestiert und weint. Es lässt sich von der fremden Person nicht beruhigen. Sobald die Mutter den Raum wieder betritt, sucht es Trost und Schutz. Das Kind entspannt sich rasch und möchte das Spielzeug erkunden.

    2. Unsicher-vermeidender Bindungsstil
      Das Kind wirkt unbeeindruckt, wenn die Mutter den Raum verlässt. Kommt die Mutter zurück, ignoriert das Kind sie. Es sucht eher bei der fremden Person Schutz. Der Stresspegel bleibt längerfristig hoch.

    3. Ängstlich-vermeidender Bindungsstil
      Das Kind wirkt tief verunsichert, sobald die Mutter das Zimmer verlässt. Sie schlagen an die Tür und schreien. Sobald die Mutter zurückkommt, klammern sie sich fest. Die Mutter kann das Kind nicht beruhigen. Das Kind wirkt hin- und hergerissen zwischen seinem Bedürfnis nach Nähe zur Mutter und Wut über ihr Verschwinden. Der Stresspegel bleibt ebenfalls länger erhöht.

     

    Gestörtes Bindungsverhalten hat meist folgende Ursachen:

    • Überbehütung
    • früher Verlust von Bezugspersonen durch Tod oder Trennung
    • Ablehnung oder Abwertung durch einen Elternteil
    • mangelnde Förderung

     

    Dabei ist zu beachten, dass etwa der Tod eines Elternteils durch eine enger werdende Bindung zu Großeltern oder anderen Familienmitgliedern bis zu einem gewissen Grad kompensiert werden kann und sich keine Störung daraus entwickelt.

    Der Einfluss der Kindheit und seine Grenzen

     

    Lange Zeit ging die Forschung davon aus, dass der Bindungsstil, der sich im Kindesalter entwickelt, auch die Beziehungen unter Erwachsenen beeinflusst. Längsschnittstudien, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken, zeichnen inzwischen ein anderes Bild: Der Bindungsstil Erwachsener wird nicht durch die Erfahrungen der Kindheit zementiert. Der Einfluss der Kindheit wurde überschätzt. 

     

    Im Erwachsenenalter unterscheidet die Psychologie folgende Bindungsstile:

    1. Autonomer Bindungsstil:
      Die Person ist selbstsicher und tolerant. Sie begegnet anderen Menschen respektvoll und kann sich in andere einfühlen. Sie fühlt sich wohl, wenn sie andere braucht und von anderen gebraucht wird.
    2. Verstrickter Bindungsstil:
      Diese Personen neigen zur Abhängigkeit von der Bindungsperson. Sie haben ein besonders großes Bedürfnis nach Nähe, fühlen sich ohne Beziehung nicht wohl. Gleichzeitig befürchten sie, durch ihre Anhänglichkeit weniger anerkannt zu sein.
    3. Unsicher-distanzierter Bindungsstil:
      Emotionale Bindungen werden als unwichtig wahrgenommen. Das Gefühl der Unabhängigkeit gilt der Person als erstrebenswert. Der Idealzustand besteht darin, niemanden zu brauchen und von niemandem gebraucht zu werden.
    4. Ängstlich-vermeidender Bindungsstil: Die Person fühlt sich nicht ganz wohl, wenn ihr jemand emotional nahe kommt. Der Wunsch nach einer Beziehung ist vorhanden und auch bewusst. Gleichzeitig besteht die große Sorge, verletzt zu werden und anderen nicht völlig vertrauen zu können.

    Quelle: Prof. M. Sack/Technische Universität München: http://www.martinsack.de/....pdf

     

    Die Übersicht zeigt bereits gestörte Bindungsmuster. Natürlich können diese Stile durch Erfahrungen in der Kindheit beeinflusst sein. Genauso kann eine sehr leidvolle, unverarbeitete Beziehungserfahrung im Erwachsenenalter eine autonom agierende Person in Richtung ängstlich-vermeidendes Verhalten hin beeinflussen.  

     

    In welche Kategorie oder Kategorien würden Sie sich vorwiegend einordnen?

    Beziehungsgestaltung von Männern und Frauen – gibt es Unterschiede?

    Verliebtsein engt die Wahrnehmung ein, kaschiert Unzulänglichkeiten. 

     

    Die allseits bekannte rosarote Brille hat körperliche Ursachen: Zum einen gleicht sich der Hormonstatus (z. B. Testosteronspiegel) von Männern und Frauen an, wenn sie verliebt sind. Dieser Zustand dauert maximal ein bis zwei Jahre. Forscher gehen davon aus, dass dieser Mechanismus die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft erhöhen soll.  

     

    Hier sei noch erwähnt, dass der Zustand des Verliebtseins für den Hirnstoffwechsel einen Extremzustand bedeutet, der viel Energie verbraucht. Vom Grundprinzip her verläuft das Verliebtsein ähnlich wie eine manische Phase. Manien treten meist im Zusammenhang mit Depressionen auf (manisch-depressive Episoden). Deshalb ist klar: Ewiges Verliebtsein ist aufgrund der körperlichen Gegebenheiten unmöglich. Das hält der Organismus schlichtweg nicht durch

     

    Nach dieser Hochphase geht die gesteigerte Harmonie zurück und Mann und Frau gehen wieder in ihren geschlechtsspezifischen Modus über. 

     

     

    Unterschiede und Fallstricke in der Mann-Frau-Beziehung

    An ein paar Beispielen zeigen wir die Unterschiede in der Beziehungsgestaltung von Männern und Frauen und geben Tipps, wie Sie sie Missverständnisse reduzieren oder sogar vermeiden.

     

    1. Männer tendieren eher dazu, Probleme im stillen Kämmerchen für sich zu lösen und erst wieder auf der Bildfläche zu erscheinen, wenn sie zu einem Ergebnis gekommen sind. Frauen fühlen sich durch dieses Verhalten häufig ausgeschlossen. Sie leiden darunter, ihrem Partner nicht helfen zu können oder zu dürfen.

    Mögliche Lösung:

    Das Paar lernt, wirklich miteinander zu sprechen. Auch bei Problemen. Vielleicht ist es hilfreich für den Mann, am Anfang die Themen aufzuschreiben.  

    Die Frau akzeptiert, dass ihr Partner Zeit braucht, um über ein Thema nachzudenken. Deshalb werden Gesprächstermine vereinbart. Statt den Partner überraschend mit einem Gespräch zu konfrontieren, nennt die Frau das Thema und beide vereinbaren eine Zeit, um darüber zu sprechen – ähnlich wie ein Meeting. Während des Gespräches fördern gemeinsame Aktivitäten den Redefluss. Die meisten Männer mögen keine frontalen Gespräche. Besser: Nebenbei reden – zum Beispiel beim Spaziergang oder während der Hausarbeit. 

     

    2. Männer verstehen Botschaften besser über aktives Handeln, weniger über Reflexion. Ein Beispiel: Die Frau ärgert, dass ihr Partner seine gebrauchten Klamotten in der ganzen Wohnung verteilt. Meistens versucht sie, über Vorwürfe und „Ansprachen“ das Problem zu lösen. Die Erfolgsaussichten sind allerdings gering.

    Mögliche Lösung:

    Die Frau teilt ihm mit, dass sie seine Klamotten in zwei Tagen einsammelt und zum Kleidercontainer bringt. Dieser Ansage muss sie Taten folgen lassen. Die weniger drastische Variante wäre, dass sie die Kleidung zum Beispiel im Kofferraum es Autos zwischenlagert und ihrem Partner noch eine Chance gibt. Hier ist allerdings zu bedenken, dass – ähnlich wie bei der Kindererziehung – die bloße Ankündigung schnell an Wirkung verliert.

     

    3. Frauen sind allgemein freiheitsliebender, das bedeutet: Sie kommen ohne Beziehung besser zurecht als Single-Männer. Männer dagegen brauchen innerhalb einer Beziehung mehr Freiraum.

    Mögliche Lösung:

    Beide Seiten machen sich bewusst, wie viel Aktivitäten oder gemeinsame Zeit sie miteinander verbringen möchten. Anschließend handeln sie Kompromisse aus.

    Einige Partnerbörsen (z. B. Gleichklang) bieten zu diesem Punkt sogar eine Auswahloption an: Ich möchte: das meiste zusammen machen – einige Dinge gemeinsam/einige Dinge getrennt unternehmen – die meisten Dinge getrennt machen.

    Wichtig ist immer, dass beide Seiten wissen, was sie selbst möchten und welche Bedürfnisse ihr Gegenüber hat. Im gemeinsamen Gespräch eine annehmbare Lösung zu finden ist der beste Weg. Auch wenn dabei ein Partner nicht voll zum Zuge kommt, zeigen bereits das Sprechen und Aushandeln den gegenseitigen Respekt und die Zuneigung. So lassen sich leichter Kompromisse eingehen.

     

    1. Quellen für Identität und Anerkennung: Männer definieren sich über andere Männer, Frauen wollen von Menschen anerkannt sein. Das Problem liegt tief in unserer Gesellschaft verwurzelt: Ein Mann freut sich über die Auszeichnung „Er ist ein ganzer Mann.“. Dieser Satz sinngemäß einer Frau zu sagen, würde keine Begeisterungsstürme auslösen. Klar, ich bin eine Frau. Was ist daran so besonders?

     

    Männer müssen immer noch beweisen, dass sie „richtige“ Männer sind. Sie wurden lange Zeit zum Objekt degradiert und als Soldaten erzogen.

    Mögliche Lösung:

    Der Neurowissenschaftler Gerald Hüther hat es sich zur Aufgabe gemacht, die beschriebene Prägung zu überwinden. Sein Vortrag „Als Mann ein Liebender werden“ hat schon viele Männer und Frauen ermutigt und begeistert.

     

     

    Beziehungsunfähig? – Das muss nicht sein!

    3 Affen halten sich Ohren, Augen und Mund zu
    3 Affen halten sich Ohren, Augen und Mund zu

    Beziehungsfähigkeit lässt sich verbessern | Quelle: © joao-tzanno - unsplash.com

    Die Psychologie hat für Beziehungsfähigkeit folgende Kennzeichen gefunden (vgl. Prof. Sack):

    • Die Person reagiert situativ angemessen und flexibel. 
    • Das Verhalten ist darauf ausgelegt, die Bedürfnisse beider Seiten so gut wie möglich zu befriedigen.
    • Die Einstellung zur Beziehung ist lern- und entwicklungsorientiert.

    Der Autor Michael Nast hat mit seinem Buch „Generation Beziehungsunfähig“ einen Bestseller gelandet. Die Mitglieder der Generation Y bis zu den Millenials scheinen sich nicht festlegen zu wollen oder zu können. Zu viel Selbstoptimierung und Selbstverwirklichung stünden wirklich tiefgehenden Verbindungen im Weg. Abnehmende Beziehungsfähigkeit scheint in der modernen Gesellschaft nicht nur ein Thema von Menschen Ü50 zu sein. Dass „man“ sich mit zunehmendem Alter weniger flexibel auf sein Gegenüber einstellen kann, ist eine weitverbreitete Annahme. 

     

    Stimmt das überhaupt? 

    Werfen wir zuerst einen Blick auf die jüngere Generation: Dass in bestimmten Milieus vermehrt Vertreter der Generation Y leben, die sich für beziehungsunfähig halten, mag sein. Der Autor lebt in einer Großstadt – Berlin – und beschreibt Erfahrungen aus seinem Umfeld. In ländlichen Gebieten zeigt sich ein anderes Bild. Die Meisten sind mit dreißig verheiratet und das erste Kind ist unterwegs. Die Welt ist bunt.

     

    Trotzdem ist klar: So viele junge Menschen wie nie zuvor leben in privilegierten Verhältnissen, studieren, reisen um die Welt, machen einfach ihr Ding. Dabei die Prioritäten richtig zu setzen fällt nicht immer leicht. Das Gefühl, etwas zu verpassen, begleitet den Alltag. 

     

    Sich auf einen Menschen festlegen? Für immer? Bei einer Lebenserwartung von rund 80 Jahren? – Das romantische Ideal scheint an Glanz eingebüßt zu haben. Zudem ermöglicht der moderne Lebensstil die Kontaktaufnahme zu Menschen rund um den Globus. Das gab es in dieser Form bis dato nicht. Die Möglichkeit, auch im fortgeschrittenen Alter noch eine Partnerschaft aufzubauen, ist immer vorhanden. In den bäuerlichen Gesellschaften vor hundert Jahren lag die Sache anders. Die meisten Ehen waren von der Familie arrangiert und die „Übriggebliebenen“, lebten auf dem elterlichen Anwesen oder arbeiteten in der Stadt. Der Markt an potenziellen Partnern war in beiden Fällen überschaubar. 

     

    Und die älteren Menschen? 

    Die Best-Agers stehen mitten im Leben und wissen, was sie wollen. Sie haben Pläne und in vielen Fällen noch einen aktiven Bekanntenkreis. Auch das Thema Sexualität ist kein Tabu mehr für Menschen jenseits der Sechzig. Klar, dass auch diese Gruppe noch aktiv nach Partnerschaft sucht. Beziehungsunfähigkeit kann man dieser Generation sicher nicht unterstellen.  

     

    Genau deshalb buhlen heute zahlreiche Partnerbörsen im Internet um jeden Single. Spezielle Angebote für Akademiker, Best-Agers, ökologisch orientierte Singles oder Alleinerziehende sollen passende Partner aus der Masse an Profilen herausfiltern und die Suche erleichtern.  

     

    Trotz all dieser positiven Faktoren scheint der Beziehungsstatus vieler Menschen am besten mit dem Begriff „kompliziert“ beschrieben zu sein. Warum?

    Die folgende Statistik liefert Ihnen eine gute Übersicht über die Trennungsgründe in Beziehungen und auf was Sie besonders achten sollten.

    Trennungsgründe in früheren Beziehungen

    Trennungsgründe von ehemaligen Beziehungen | Grafik: ALL4SINGLES | Quelle: https://de.statista.com

    Trennungsgründe in früheren Beziehungen

    Trennungsgründe von ehemaligen Beziehungen | Grafik: ALL4SINGLES | Quelle: https://de.statista.com

    Männer und Frauen: gleichwertig, aber nicht gleichartig.

    Ein möglicher Grund für diese „Kompliziertheit“ liegt im kulturellen Erbe: Das Ideal der Liebesheirat stammt aus der Zeit der Romantik. Bis zu dieser Epoche waren Ehen sowohl in der Adelsgesellschaft als auch unter den Bauern arrangiert. Gefühle galten als störend. Seit der Romantik hat sich nicht viel verändert. Hollywood-Streifen zeigen genauso wie klassische Literatur und Oper immer das gleiche Bild: Das Paar findet zusammen und die Geschichte ist zu ende. 

     

    Das Problem: Unser kulturelles Gedächtnis vermittelt uns, dass die Liebe – ist sie erst einmal gefunden – für immer anhält. Dass eine Beziehung etwas dynamisches, lebendiges ist, das täglich gepflegt werden muss, setzt sich langsam durch. Ins kulturelle Gedächtnis hat sich diese Tatsache allerdings noch nicht eingeprägt. 

     

    Und dann ist da noch die Verliebtheit, die nicht ewig anhält … 

     

    Bevor es mit der Verliebtheit weitergeht, sei noch mit einem Missverständnis aufgeräumt: Neueste Studien weisen darauf hin, dass die weit verbreitete Annahme, aggressive Männer wären „Testosteron-gesteuert“ so nicht stimmt. Im Experiment zeigten Männer mit einem erhöhten Testosteronspiegel sogar ein faireres Verhalten als die Vergleichsgruppe mit durchschnittlich hohem Level.

    vgl. Spektrum der Wissenschaft: https://www.spektrum.de/.../1303615

     

    Interessanterweise gleichen sich die Testosteronwerte während der Verliebtheitsphase an: der Spiegel beim Mann sinkt, bei der Frau steigt er. Forscher interpretieren diese Entdeckung so, dass eine Harmonie oder zumindest eine Annäherung hergestellt werden soll, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sich das Paar fortpflanzt.  

     

    Damit enden allerdings auch schon die natürlichen Gemeinsamkeiten

    Die Paartherapeutin Dr. Eleonore Höfner (München) bringt es auf folgenden Nenner: „Es gibt überhaupt nichts unterschiedlicheres als Männer und Frauen. …  Der Mann sagt A und die Frau versteht B und umgekehrt. Trotzdem tun sie sich seit Jahrtausenden zusammen und verstehen sich auch mal richtig. Unglaublich.“

     

    Ein Beispiel:

    Der Mann kommt abends in die Wohnung. Seine Partnerin sieht ihm an, dass ihn etwas belastet und möchte ihm helfen. Daher fragt sie ihn, was los ist. Er antwortet: „Nichts.“ – Sie signalisiert ihm: „Ich bin da. Rede mit mir, gemeinsam finden wir eine Lösung.“ Sein „Nichts“ bedeutet: „Ich möchte in Ruhe nachdenken.“ 

     

    Je mehr die Frau ihm helfen möchte, desto weiter zieht der Mann sich zurück. Er igelt sich im Hobbyraum ein. Sie interpretiert seinen Rückzug als mangelndes Vertrauen und reagiert verletzt. 

     

    Nach einer Stunde erscheint er und strahlt zufrieden: Er hat eine Lösung für sein Problem gefunden. Jetzt kann der zweisame Feierabend beginnen. – Aus seiner Sicht. Seine Partnerin hat während der letzten sechzig Minuten gegrübelt, warum er ihr scheinbar kein Vertrauen mehr entgegenbringt. Für sie bedeutet das, die Beziehung in Frage zu stellen. 

     

    Als sie ihm ihre Zweifel an der Stabilität der Beziehung mitteilt, fällt er aus allen Wolken. …  

     

    Diese Situation ist nur ein Beispiel für die alltäglichen Missverständnisse zwischen Männern und Frauen. 

     

    Lohnt es sich vor diesem Hintergrund überhaupt, eine Beziehung einzugehen? – JA. 

    Die perfekte Zeit, um die Beziehung auf ein neues Level zu heben: JETZT.

    Mit dem heutigen Wissen und der Freiheit beider Geschlechter, können Männer und Frauen  wirkliche Liebes-Beziehungen aufbauen. Persönlichkeitsentfaltung und Coaching sind ein Massenphänomen und Paare können ihr Miteinander reflektieren und ihre Beziehung entwickeln. 

     

    Was für eine Chance!

    Klar: Es ist eine Herausforderung, die Gegensätze konstruktiv zu verbinden. Am Beispiel von Michelle und Barak Obama oder Marie und Pierre Curie lässt sich erkennen, dass starke Paare sehr viel erreichen. 

     

    Und: Die Alternative, nämlich im „Kompliziert-Status“ zu verharren, verbraucht ebenfalls Zeit und Nerven. Das gilt genauso für das Verarbeiten von Trennungen und das Aufbauen neuer Beziehungen.

     

    Entscheiden Sie selbst über Ihre Prioritäten und folgen Sie nicht blind vorhandenen Strukturen. Wenn Sie auf dem gewohnten Pfad bleiben, ist auch das eine für Sie richtige Wahl. Nur: Sie sollten zumindest wissen, dass Alternativen existieren.

     

    Ganz entscheidend auf diesem Weg ist, dass Sie die Vorstellung aufgeben, Sie müssten für das WIR einen Teil Ihrer Persönlichkeit stilllegen. 

     

    Der Schriftsteller Khalil Gibran beschreibt den Zustand vieler Partnerschaften als zwei Säulen, die zu einer Säule verschmelzen. Dies hält er für den falschen Weg. Eine reife Beziehung zeichnet sich seiner Meinung nach dadurch aus, dass beide Säulen für sich stehen können und ein Dach gemeinsam tragen

    Quelle: https://www.zgedichte.de/.../von-der-ehe.html

     

    Das Bild der beiden Säulen mit dem gemeinsamen Dach kann davor bewahren, die Beziehung mit Erwartungen zu überfrachten. Keine Partnerschaft kann alle Bedürfnisse nach Austausch, Sicherheit und Nähe erfüllen. Wer mit zu hohen oder den falsche Erwartungen eine Beziehung eingeht, wird zwangsläufig enttäuscht. 

     

    Für sich selbst stehen zu können, wie eine Säule, eingebunden in ein vielfältiges soziales Netzwerk wäre die Voraussetzung für eine Liebesbeziehung, die den Namen wirklich verdient. Hinweis: Zum Thema Einsamkeit und Partnerschaft finden Sie einen weiteren interessanten und aufschlussreichen Beitrag auf unserer Website.  

     

    Egal, welchen Weg Sie einschlagen: Wir wünschen Ihnen viele schöne und erfüllende Erfahrungen. 

     

    Lust auf mehr? Hier einige Tipps:

    Auhagen, A. E. & Salisch, M. v. (1993). Zwischenmenschliche Beziehungen. Göttingen: Hogrefe.
    Hüther, Gerald (2016): Männer - Das schwache Geschlecht und sein Gehirn. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
    Hüther, Gerald: Vortrag  „Als Mann ein Liebender werden“ im Rahmen der Veranstaltung MannSein 2018,
    https://www.youtube.com/watch?v=4rIWgIBHK80
    Vera F. Birkenbihl: Männer und Frauen – mehr als der kleine Unterschied? Youtube-Video:
    https://www.youtube.com/watch?v=LS3LU2l9rpo
    Website und Bücher des Paartherapeuten Wolfgang Schmidbauer:
    https://wolfgang-schmidbauer.de/

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    Susanne Schmieder

    Autorin: Susanne Schmieder

    Psychologin
    Mit Worten jonglieren, den richtigen Ton treffen und die Leser wertvoll informieren - das macht mir großen Spaß. Als Diplom-Psychologin verfasse ich hilfreiche und nützliche Fachartikel. Das bedeutet für mich Faszination und Herausforderung zugleich.

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