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Glück – der Weg zu einem erfüllten Leben

Jürgen ist ein Phänomen: Er ist 62 Jahre alt und leidet seit seiner Kindheit an Diabetes Typ I. Dass er überhaupt so alt geworden ist, könnte als kleine Sensation gelten. Wenn man bedenkt, dass er seit Jahrzehnten zweimal pro Woche zur Dialyse geht und mehrere Organtransplantationen überstanden hat, gerät man als Beobachter ins Staunen. Nach seinem Befinden gefragt, erwidert er ganz entspannt: „Mir geht es gut.“ Und man glaubt es ihm. Dieser Mann – inzwischen fast blind – strahlt eine heitere Zufriedenheit aus. 

 

Wie gelingt es, das glückliche, zufriedene Leben? Lässt sich Glücklichsein lernen? Und welche Rolle spielen dabei die Beziehungen zu anderen Menschen?

 

In diesem Beitrag wollen wir einen Blick auf die aktuellsten Erkenntnisse der Glücksforschung werfen. Die Neurowissenschaft kann heute anhand modernster Technik zum Teil uraltes Wissen untermauern. 

 

Dieses Wissen wollen wir ergründen und mit alltagstauglichen Glücks-Strategien erweitern.

2 Personen springen Glücklich in die Luft vor einem Sonnenuntergang
2 glückliche Smileys in einem Korp

 

Unsere Beiträge sind sehr ausführlich. Bitte nutzen Sie daher zur besseren Navigation das Inhaltsverzeichnis. Sollten Sie ergänzende Anregungen oder eigene Erfahrungen zum Thema besitzen? Freuen wir uns natürlich sehr über ein entsprechendes Kommentar am Ende des Beitrages.  

Wir wünschen eine inspirierende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis
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    Was bedeutet „Glück“?

    Während die deutsche Sprache für zwei Arten von „Glück“ nur ein Wort kennt, unterscheiden zum Beispiel Engländer zwischen „lucky“ und „happy“. Lucky steht für „Glück haben“. Wenn das Glas umkippt, aber nicht zerbricht oder der Lehrer den Spickzettel nicht entdeckt – das ist das Glück des Zufalls. 

     

    Glück, im Sinne von happy verweist auf eine Befindlichkeit oder einen Umstand: Glücklich verheiratet, glücklicher Single, ein überwiegend glückliches Leben. 

     

    Die Glücksforschung beschäftigt sich mit der Befindlichkeit. Denn: Im Gegensatz zum Zufall lässt diese sich beeinflussen.

    Wo wohnt das Glück? Der World Happiness Report

    Seit 2012 untersuchen Forscher im Auftrag der Vereinten Nationen, wie glücklich die Menschen weltweit sind und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen.

     

    Im Jahr 2019 führen (wieder einmal) nordische Länder das Ranking an: Finnland, Dänemark und Norwegen. Die Schweiz liegt auf Rang 6, Österreich bringt es auf den 10. Platz und Deutschland rangiert auf Platz 17. 

     

    Abgeschlagen am Ende der Skala finden sich Afghanistan, der Süd-Sudan und Tansania.

    Die Forscher identifizierten diese Glücksfaktoren:

    • Genetische Konstitution
    • Einkommen
    • Beziehungen
    • Religion/Spiritualität
    • Freiheit (Staatsform/Zeitsouveränität)

    Faktoren, die unser Glücksniveau beeinflussen

    Die Gene und das Glück

    Der genetische Einfluss auf das Glücksempfinden liegt bei etwa fünfzig Prozent. Daraus ergibt sich ein gewisses „Glücksniveau“, das über die gesamte Lebensspanne etwa gleich bleibt. 

     

    Äußere Einflüsse können die Lebenszufriedenheit anheben oder reduzieren. So pendelt das Glücksempfinden um das persönliche Basisniveau – mal liegt es darüber, mal darunter. 

     

    Die anderen fünfzig Prozent teilen sich die restlichen vier Faktoren:

    Einkommen und materieller Wohlstand

    Wie hängen Geld und Glück zusammen? Dass Geld alleine nicht glücklich macht, gilt als Binsenweisheit. Und trotzdem: Ein Plus an Einkommen steigert die Lebenszufriedenheit. Dies gilt jedoch nur bis zu einer gewissen Schwelle. 

     

    Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann und sein Kollege, der Ökonom Angus Deaton, fanden heraus, dass eine Verdoppelung des Jahresgehalts von 15.000 auf 30.000 Euro sehr glücklich macht. Ein weiterer Sprung auf 60.000 Euro macht immerhin noch glücklich. Die nächste Verdoppelung auf 120.000 Euro kann das Glücksempfinden nicht mehr steigern.

     

    Dazu passen die Ergebnisse des Psychologen Anthony Jebb. Seine Studie ergab, dass ein Einkommen von rund 80.000 Euro brutto am höchsten mit der Lebenszufriedenheit korreliert. Ein höherer Verdienst steigert sie nicht weiter. Jebb sieht die Gründe dafür in der Work-Life-Balance. Für ein noch höheres Einkommen müsse so viel Zeit aufgewendet werden, dass die Zufriedenheit nicht mehr weiter zunimmt.

    Infografik Glück in Abhängigkeit von Einkommen
    Infografik Glück in Abhängigkeit von Einkommen

    Infografik - Glück in Abhängigkeit von Einkommen | Grafik: ALL4SINGLES

    Hier kommt der Faktor der Zeitsouveränität und Selbstbestimmung zum Tragen. Menschen, die nur für ihren Job leben, sehen regelmäßig hohe Beträge auf ihr Gehaltskonto eingehen. Zeit für soziale Beziehungen oder Spiritualität bleibt nicht. Darüber hinaus ist ihr Alltag meist eng getaktet – sie haben kaum Zeitfenster, über die sie frei verfügen.

     

    Einkommenszuwächse tragen einen Faktor im Gepäck, der das Glück mindert, nämlich die Erwartung an den materiellen Wohlstand. Mit dem Gehalt steigen auch die Ansprüche. Urlaube werden luxuriöser, der Fuhrpark größer, die Restaurantbesuche häufiger. Und immer noch ist eine Steigerung möglich. Dafür wäre mehr Geld nötig. – Eine Endlosschleife.

     

    FAZIT: Sobald die materiellen Grundbedürfnisse befriedigt sind, flacht die Glückskurve bei Einkommenszuwächsen immer mehr ab. Unter den wirklich Armen, die mit einem Minimum zurechtkommen müssen, ist die Lebenszufriedenheit sehr viel geringer. 

    Kurzer Einschub: Warum wir vom Geld nicht genug kriegen.

    Wenn die eben beschriebenen Ergebnisse stimmen, warum streben Menschen in den wohlhabenden Ländern trotzdem nach mehr Geld?

     

    Die Psychologie kennt ein Phänomen, das diese Tendenz erklären kann: „affective forecasting“. Darunter verstehen die Forscher den Umstand, dass der Mensch aus seiner Erfahrung heraus handelt. Wenn Menschen erleben, dass die erste Gehaltssteigerung sie sehr glücklich gemacht hat, dann erwarten sie diese Portion Glück auch von der nächsten Erhöhung und so weiter. Es dauert oft lange, bis eine Person diesen Irrtum erkennt. 

     

    Dazu passt folgender Befund: Befragungen von Menschen am Ende ihres Lebens ergeben, dass sie mit am meisten bereuen, zu viel Zeit für die Arbeit und zu wenig Zeit für Freunde und Familie aufgewendet zu haben.

    Beziehungen: (meist) eine Quelle des Glücks

    Warum diese zweideutige Überschrift? 

     

    Das hat verschiedene Gründe. So braucht der Mensch als soziales Wesen den Kontakt und Austausch mit anderen Menschen. Gleichzeitig können – wie zahlreiche Songs und Bücher beweisen – Beziehungen einen Menschen in tiefe Verzweiflung stürzen. 

     

    Aber konzentrieren wir uns auf die Wissenschaft. 

     

    Art und Umfang der Kontakte sind individuell verschieden. Da gibt es auf der einen Seite die Geselligen, die sich nichts Schöneres vorstellen können, als nächtelang in der Menge zu baden oder eine große Familie zu gründen. Auf der anderen Seite stehen die eher Introvertierten, die Energie und Zufriedenheit aus tiefschürfenden Zwiegesprächen und Spaziergängen in der Natur schöpfen. Dazwischen tummelt sich die große Mehrheit.

     

    Freiwillige Eremiten bilden eine eigene Gruppe und sind eine große Ausnahme.

     

    Wenn wir Verheiratete betrachten, so hängt deren Lebenszufriedenheit eng mit der Qualität der Beziehung zusammen. Psychologische Untersuchungen belegen, dass eine Scheidung die Lebenszufriedenheit stark negativ beeinflusst. Jahrelanges Festhalten an einer unglücklichen Ehe wirkt sich allerdings noch ungünstiger aus. 

     

    FAZIT: Beziehungsgestaltung ist nicht ganz einfach; das Risiko verletzt zu werden immer mit von der Partie. Eine Unabhängigkeit im Sinne von „Ich brauche niemanden.“ anzustreben, kann ehrlicherweise mehr als Flucht denn als Souveränität verstanden werden. 

    Religiosität und Spiritualität

    Die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Religion nur auf dem Papier, steht in keinem Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit. Dazu bedarf es einer religiösen oder spirituellen Praxis. Religiöse Praxis ist oft institutionalisiert und die Praktizierenden leben in einem festen Rahmen aus Feiertagen und Ritualen. 

     

    Spiritualität dagegen ist individueller, freier und mehr als Weg zu verstehen.

     

    Mehrere Studien zeigen, dass beide Varianten positiv auf die Zufriedenheit wirken.  

     

    Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? – Religion und Spiritualität steigern das empfundene Glück, weil sie die Praktizierenden dabei unterstützen,

    • mit sich selbst im Einklang zu sein,
    • das Miteinander zu verbessern
      • Mitmenschen zu respektieren,
      • zu schätzen,
      • ihnen zu verzeihen,
      • sich zu engagieren,
      • dankbar zu sein,
    • Verbundenheit mit der Natur zu fühlen,
    • Einssein mit einer übergeordneten Instanz (Gott) zu erleben.

    Freiheit und Selbstbestimmung

    Die Ergebnisse der weltweiten Glücksstudie 2019 ergeben auch, dass Menschen, die in der Freiheit einer Demokratie leben, meist zufriedener sind, als jene in Diktaturen. Hier liegt eine Achillesferse der Demokratie: Es geht um die empfundene und nicht die tatsächliche Freiheit. 

    Das Streben nach Glück: ein Egotrip?

    Die westliche Kultur stellt mindestens seit der Antike die Frage nach den Kriterien für ein glückliches Leben. Die Philosophen – von Sokrates bis Kant – erkannten verschiedene Faktoren als Weg zum Glücklichsein, die bis heute unser Glücksverständnis prägen. Hierzu zählen ein gewisses Maß an Verzicht, Disziplin und Engagement für andere Menschen.

     

    Östliche Weisheitslehren wie der Buddhismus zeigen Wege, um das Leid zu verringern – und damit das Glück zu vermehren. Während im Christentum das ewige Glück erst im Jenseits wartet, entwickeln Buddhisten unter anderem mit Meditationstechniken ihre „Buddha-Natur“ und damit Nächstenliebe und heitere Gelassenheit. 

     

    Die Strategien scheinen erfolgreich, wie der buddhistische Mönch und Übersetzer des Dalai Lama – Matthieu Ricard –  erzählt. Ricard hatte eine großartige Forscherlaufbahn in Aussicht. Er stammte aus einer Intellektuellen-Familie mit guten Kontakten und promovierte in Molekular-Biologie beim Nobelpreisträger Francois Jacob in Paris. Lange dachte er, Bildung wäre der Schlüssel zu einer besseren Gesellschaft. Umso mehr enttäuschte ihn die Erkenntnis, dass in allen gesellschaftlichen Gruppen der Anteil an warmherzigen, liebevollen Menschen etwa gleich groß war. Eine Reise nach Tibet überraschte ihn. Dort schienen viel mehr solcher Menschen zu leben. Er forschte nach dem Grund und erkannte das Potenzial der buddhistischen Lehre. Er entschied sich für ein Leben als Mönch.

     

    Inzwischen ist er Französisch-Übersetzer und Vertrauter des Dalai Lama und Mitglied des Life and Mind Institute. Dessen Ziel ist es, den Dialog zwischen westlicher Wissenschaft und Buddhismus zu fördern. Hirnforscher, Psychologen und Mönche ergründen gemeinsam die Wirkung von Meditation und Geistestraining auf das Gehirn. Die Glücksforschung profitiert enorm von dieser Zusammenarbeit. 

     

    Nach Glück zu suchen, scheint tief im Menschen verankert. Und: Bereits die Erkenntnisse aus der Antike weisen darauf hin, dass Glück nicht im zügellosen Egoismus zu finden ist.  

    Infografik: Was braucht es zum Glück

    Was es braucht zum Glück | Grafik: ALL4SINGLES | Quelle: https://de.statista.com

    Infografik: Was braucht es zum Glück

    Was es braucht zum Glück | Grafik: ALL4SINGLES | Quelle: https://de.statista.com

    Glück oder Stress? – Die Kosten für die Gemeinschaft 

    Eine Stichwortsuche im Internet zum Begriff Stress ergibt eine lange Liste von Auslösern, Folgen und Anti-Stress-Strategien. Klar ist, dass zu viel Stress Krankheiten wie Burnout und Depressionen begünstigt. Diese Erkrankungen verursachen hohe Kosten für die Allgemeinheit.

    Inzwischen gibt es zahlreiche Studien über die Wirkung von Glück auf die Gesundheit. Sarah Pressman und Sheldon Cohen von der Universität Pittsburgh (USA) konnten in einer Überblicksstudie klar belegen: Glückliche Menschen sind gesünder.  

     

    Die Frage, ob das Streben nach Glück als Egotrip zu betrachten ist, kann klar mit beantwortet werden: NEIN.

     

    Aus diesem Grund fassen wir an dieser Stelle die bisherigen Erkenntnisse zusammen. 

    Strategien für ein zufriedenes Leben

    1. Akzeptieren Sie Ihr persönliches Glücksniveau und erwarten Sie kein Dauer-Glück.

       

    2. Richten Sie Ihre Energie nicht zu sehr auf Einkommen und Besitz und hören Sie auf, sich diesbezüglich mit anderen zu vergleichen.

       

    3. Lernen Sie sich selbst und ihre Bedürfnisse in Beziehungen kennen. Pflegen Sie für Sie wichtige Kontakte.

       

    4. Befassen Sie sich mit Religion oder Spiritualität. Nutzen Sie wertfrei den Zugang, der sich für Sie stimmig anfühlt – und lassen Sie sich nichts aufzwingen oder einreden. Der historische Buddha hat seinen Zuhörern gesagt, dass sie seine Aussagen nicht einfach so glauben sollten. Jeder einzelne Mensch müsse für sich prüfen, welche seiner Aussagen für ihn stimmen. Diese Strategie ist in jedem Fall eine gute Leitlinie.

       

    5. Positive Beziehungen zu anderen Menschen können Sie über soziales Engagement aufbauen. Ehrenamtliche Tätigkeiten erhöhen die Zufriedenheit nachweislich besonders stark.

       

    6. Achtsamkeit – das bewusste Wahrnehmen des Augenblicks – mindert Stress und steigert das Wohlbefinden. Achtsamkeit können Sie in Form von Meditation, Yoga, Gartenarbeit oder im Zusammensein mit Tieren üben und erleben. wenden wir uns jetzt alltagstauglichen Tipps und Strategien zu, die Sie dabei unterstützen, mehr Glück im Alltag zu erleben.

       

    7. Im Zusammenhang mit Achtsamkeit steht eine dankbare Haltung dem Leben und seinen Mitmenschen gegenüber. Wer sich intensiver damit befasst erkennt, dass Pater David Steindl-Rast recht hat, wenn er sagt: „Nicht Glück haben macht dankbar, sondern Dankbarkeit macht glücklich.“

    Glück, Partnerschaft und Kinder: Das sagt die Glücksforschung

    2 glückliche Smileys in einem Korb
    2 glückliche Smileys in einem Korb

    Weil auf unserer Website das Thema Beziehung und Partnerschaft im Vordergrund steht, hier noch einige interessante Fakten:  

    Wer ist glücklicher – Frauen oder Männer?

    Frauen entwickeln während des Erwachsenwerdens dreimal häufiger eine Depression als Männer in dieser Altersgruppe. Sie fühlen sich häufiger niedergeschlagen und traurig. Und trotzdem schätzen sie ihre Lebenszufriedenheit ähnlich hoch ein wie Männer. Woran liegt das? Prof. Richard E. Lucas und seine Kollegin, die Sozialpsychologin Carol L. Gohm fanden heraus, dass Frauen Gefühle intensiver wahrnehmen – und das in verschiedenen Kulturen. Sie folgern daraus, dass eine Frau zwar mehr emotionale Tiefs erlebt als ein Mann. Dafür nimmt sie positive Gefühle intensiver wahr. Diese Tatsache und der Umstand, dass Frauen häufiger und länger lächeln, sorgen den Forschern zufolge für diesen Ausgleich.

    Sind attraktive Menschen glücklicher?

    Attraktive Personen werden besser bezahlt, ihre Leistungen positiver bewertet. Außerdem erhalten sie mehr Aufmerksamkeit. Ihre Mitmenschen glauben, Attraktive seinen überdurchschnittlich glücklich.  

     

    Stimmt das auch? – Studien haben ergeben, dass „hübsche“ und „hässliche“ Frauen ihre Lebenszufriedenheit ähnlich einschätzen. Wenn es um besonders attraktive Frauen geht, die als Model über die Laufstege schreiten, scheint die Sache klar: Schönheit, Erfolg, Geld. Diese Frauen haben es geschafft.

     

    Doch Björn Meyer von der University of London und seine Kollegen fanden heraus: Models sind im Schnitt weniger glücklich als „normale“ Frauen. Den Grund sehen sie in folgenden Aspekten. Menschen sind dann besonders glücklich, wenn sie ihre Kompetenzen entfalten und soziale Beziehungen pflegen können. Darüber hinaus brauchen sie ein gewisses Maß an Selbstbestimmung.   Models jetten um den Globus, Zeit für die Pflege von engen Beziehungen ist rar. Die Frauen profitieren von ihrer körperlichen Schönheit, die ihnen in die Wiege gelegt wurde. Da sie selbst im engeren Sinn nichts dazu beigetragen haben, erleben sie auch weniger Befriedigung durch ihre Arbeit. Meist kümmert sich eine Agentur oder ein Manager um den Terminplan – erfolgreiche Models können kaum über ihre Zeit verfügen.

     

    Das klingt doch ermutigend für die große Mehrheit der Frauen ohne Laufstegerfahrung.

    Liebe steht für Glück – oder?

    Verliebte sind glücklich. Ihnen steht ihre Verfassung meistens ins Gesicht geschrieben. Die Haut ist unser „Glücksorgan“. Dauert eine Berührung länger als zwanzig Sekunden, schüttet das Gehirn Oxytocin aus. Dieser – auch als Kuschel- oder Bindungshormon – bekannte Botenstoff stärkt die Bindung und das gegenseitige Vertrauen. Verliebte Paare können ihr Glücksempfinden noch steigern, wenn sie sich umarmen. 

     

    So schön die Verliebtheitsphase ist, eine Trennung geht meist mit Liebeskummer einher. Inzwischen weiß die Hirnforschung: Der Verlust einer geliebten Person sorgt für die selbe Hirnaktivität wie intensiver körperlicher Schmerz. Kein Wunder also, dass wir durch Werte und Normen (Monogamie und Ehe) versuchen, diese negativen Gefühle zu vermeiden. 

     

    Verheiratete gelten als glücklicher als Alleinstehende. Dies belegen zahlreiche Untersuchungen rund um den Globus.

    Kinder und das Glück des Paares

    Eine Familie zu gründen steht auf der Liste der meisten jungen Menschen weit oben. Sie gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass Kinder glücklich machen.

     

    Der Sozialpsychologe Michael Argyle konnte zeigen, dass die Lebens- und Ehezufriedenheit der Eltern nach der Geburt eindeutig absinkt, um sich bis zur Pubertät wieder auf dem Ausgangsniveau zu stabilisieren. Die Pubertät geht mit den niedrigsten Zufriedenheitswerten einher. Wenn die Kinder das Haus verlassen, pendeln sich die Werte wiederum um das Ausgangsniveau ein. – Auch hier zeigt sich: Das Leben läuft nie geradlinig. Es wäre sonst auch äußerst langweilig.

    Falsche Strategien: Der Weg am Glück vorbei

    Alle hier dargestellten Glücksfaktoren, haben eines gemeinsam: Sie betrachten Glück nicht als Selbstzweck, sondern als Beiwerk eines guten Lebens. 

     

    Eine Studie der Psychologen Jonathan Schooler, Dan Ariely und George Loewenstein aus dem Jahr 2003 ergab ein aufschlussreiches Ergebnis. Die Forscher baten ihre Probanden, ihr aktuelles Glücksniveau einzuschätzen. Anschließend teilten sie die Teilnehmer in vier Gruppen auf. Jede Gruppe sollte sich ein Musikstück anhören. 

    • Gruppe 1 erhielt keine weiteren Vorgaben. 
    • Gruppe 2 sollte aktiv versuchen, durch das Musikhören glücklicher zu werden.
    • Gruppe 3 sollte das erlebte Glück während das Stück lief auf einem Monitor anzeigen.
    • Gruppe 4 wurde gebeten, glücklicher zu werden und gleichzeitig das Glücksniveau in Echtzeit auf dem Monitor anzugeben.

    In welcher Gruppe konnten die Teilnehmer ihr Glückserleben am meisten steigern? – Es waren die Teilnehmer der ersten Gruppe. Sie haben das Stück genossen – ohne etwas zu wollen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Probanden in Gruppe vier den größten Einbruch des Glücksniveaus erlebten. 

     

    Diese Erkenntnis ist auch in Bezug auf die Partnerwahl sehr aufschlussreich. 

    Fallstricke des Positiven Denkens

    Positives Denken wird oft im Zusammenhang mit Optimismus, Kontrollüberzeugung („Ich kann die Situation beeinflussen.) und Selbstwirksamkeitserwartung („Ich verfüge über die Kompetenzen, um die Situation aktiv zu bewältigen.“). 

     

    Wo lauern da die Fallstricke?

     

    1. Enttäuschung

    Optimisten erwarten das Positive. Je optimistischer die Erwartungen ausfallen, desto verletzlicher ist eine Person, wenn sich das erhoffte Ergebnis nicht einstellt. 

     

    1. Positives Denken fördert Passivität und senkt die Leistungsmotivation

    Die Vorstellung „Es wird schon alles gut ausgehen.“ verführt dazu, den Dingen ihren Lauf zu lassen und abzuwarten. Ein Schüler, der sehr optimistisch einer Klausur entgegensieht, bereitet sich womöglich unzureichend vor und erzielt dadurch ein schlechteres Ergebnis.

     

    1. Risikoeinschätzung

    Positive Illusionen blenden vorhandene Risiken aus und erhöhen so die Gefahr des Scheiterns.

    Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wann eine positive Haltung angemessen und hilfreich ist. Prof. Astrid Schütz von der Universität Chemnitz hat dafür eine plausible und alltagstaugliche Übersicht erarbeitet.

    Positives Denken ist vor allem dann kontraproduktiv, wenn es die Realität extrem verzerrt. 

    In Situationen, die Betroffene nicht ändern können, wie etwa den Tod eines Angehörigen, kann einseitig positives Denken vor Depressionen schützen. Erfordern die Umstände dagegen aktives Handeln, wie zum Beispiel eine anstehende Führerscheinprüfung, hilft nur realitätsnaher Optimismus.

    Eine positive Einstellung spornt an, getroffene Entscheidungen umzusetzen. Während der Entscheidungsphase selbst, fördert zu großer Optimismus das Risiko, falsche Entscheidungen zu treffen.

    Manche Menschen können mit Optimismus wenig anfangen; sie tendieren zum „defensiven Pessimismus“. Zu dieser Gruppe zählen Personen, die immer auf das Schlimmste gefasst sind und Alternativen parat halten. Wer einen Worst Case erwartet, wird immer positiv überrascht. Es liegt einfach an Ihrer Persönlichkeit, zu welcher Strategie sie neigen. Beide Varianten sind in Ordnung.

    Eine positive Perspektive sollte nicht ausschließlich kurzfristig angelegt und auf die eigene Person reduziert sein. Dadurch werden negative Zusatzeffekte befördert. Besonders bei wichtigen Entscheidungen ist ein umfassender Blick auf die Umstände ratsam.

    Sackgasse Erwartung: Die Illusion des ewigen Glücks

    Persönliches Glücksempfinden hängt stark von Erwartungen ab: Das Leben ist ein Auf- und Ab. Überall in der Natur finden wir Rhythmen: Tag und Nacht, Wärme und Kälte, schlafen und wach sein, einatmen und ausatmen.  

     

    Die Vorstellung von ewigem Wachstum ist eng mit unserem Wirtschaftssystem verknüpft. Wer dieses Bild auf das eigene Leben überträgt, hat einen Weg gefunden, der gerade nicht zu Glück und Zufriedenheit führt. 

     

    Der Grund dafür liegt in unserem Körper: Stellen Sie sich vor, die ersten Vertreter des Homo sapiens wären in stetigem Glücksrausch durch Afrika gewandert. – Wie lange hätten sie wohl überlebt? Sie hätten Gefahren nicht ernst genommen und sich wahrscheinlich keine oder zu spät Gedanken übers Essen gemacht. Wer sein Essen erst tagelang jagen muss, hat hier schlechte Karten. 

     

    Die Natur hat uns so ausgestattet, dass wir überleben und nach Glück streben. Hirnforscher können diesen Mechanismus gut erklären. 

     

    Die Informationsübertragung im Gehirn funktioniert – vereinfacht ausgedrückt – ungefähr so: Jede Nervenzelle hat zwei Enden, eine „Empfängerseite“ und eine „Senderseite“. Empfängt sie von der vorgelagerten Zelle ein Signal, gibt sie es an die nächste Zelle weiter. 

     

    Die Weitergabe erfolgt über die Botenstoffe (z. B. Serotonin). Das Serotonin befindet sich in kleinen Bläschen und wird ausgeschüttet, wenn die Zelle ein Signal erhält. Die Serotonin-Moleküle wandern zur nächste Zelle und docken dort an speziellen Stellen an. So wird das Signal übertragen und die nachfolgende Nervenzelle aktiviert. Nun wandern die Botenstoffe wieder in die Bläschen zurück. 

     

    Ein dauerhafter Glückszustand ist nicht möglich, weil irgendwann die Bläschen leer sind und kein weiteres Signal übertragen werden kann.

    FAZIT: Das Streben nach Glück ist Teil des Menschseins und alles andere als egoistisch. Im Gegenteil: „Es ist unser unausweichliches Glück als menschliche Wesen, ein glückliches Leben und deine glückliche Zukunft zu erlangen.“ (Dalai Lama)

     

    Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

     

    Zum Weiterlesen:

    Auhagen; Ann Elisabeth (Hrsg.) (2004): Positive Psychologie. Anleitung zum „besseren“ Leben. BELTZ Verlag.

    Bucher, Anton (2009): Psychologie des Glücks. Ein Handbuch. BELTZ Verlag.

    Esch, Tobias (2014): Die Neurobiologie des Glücks. Wie die Positive Psychologie die Medizin verändert. Thieme Verlag.

    Website des Mind-and-Life-Institutes (in englischer Sprache):
    https://www.mindandlife-europe.org/.../people/

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    Susanne Schmieder

    Autorin: Susanne Schmieder

    Psychologin
    Mit Worten jonglieren, den richtigen Ton treffen und die Leser wertvoll informieren - das macht mir großen Spaß. Als Diplom-Psychologin verfasse ich hilfreiche und nützliche Fachartikel. Das bedeutet für mich Faszination und Herausforderung zugleich.

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