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Monogamie – das natürliche Beziehungsmodell?

Seien wir mal ehrlich: Wer wünscht sich nicht eine stabile und vertrauensvolle Beziehung? Einen Menschen, der einen durch alle Höhen und Tiefen des Lebens begleitet – ohne Wenn und Aber. Jemanden, mit dem man im hohen Alter zufrieden auf ein gemeinsames Leben zurückblickt.


Die Realität zeichnet ein etwas anderes Bild: Laut dem Statistischen Bundesamt enden aktuell rund ein Drittel der Ehen vor dem Scheidungsrichter. Im Jahr 2003 lag die Scheidungsrate sogar bei rund 55 Prozent. Der positive Trend ist klar erkennbar. Trotzdem werfen die Scheidungsraten, die Zahl von 2,6 Millionen Alleinerziehenden und Debatten über alternative Beziehungsmodelle die Frage auf, ob der Homo Sapiens „von Natur aus“ für lebenslange Monogamie geboren ist. 

 

Eine spannende Frage, der wir in diesem Beitrag auf den Grund gehen.

Monogamie – das natürliche Beziehungsmodell. Frau und Mann küssen sich.
Monogamie – das natürliche Beziehungsmodell. Frau und Mann küssen sich.

Monogamie - Wundervoll oder einengend | Quelle: © lassedesignen - Adobe Stock

Unsere Beiträge sind sehr ausführlich. Bitte nutzen Sie daher zur besseren Navigation das Inhaltsverzeichnis. Sollten Sie ergänzende Anregungen oder eigene Erfahrungen zum Thema besitzen? Freuen wir uns natürlich sehr über ein entsprechendes Kommentar am Ende des Beitrages.  

Wir wünschen eine inspirierende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis
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    Monogamie: ein Begriff und seine Wurzeln

    Der Ursprung des Wortes Monogamie geht auf das Griechische monós zurück. Es bedeutet einzig, allein. Im Deutschen entstand daraus der Begriff Einehe. Eine Anmerkung dazu: Die meisten Leser und Leserinnen werden sich nicht daran erinnern. Aber bis in die 1970er Jahre war es für volljährige, unverheiratete Paare nicht möglich, ohne Trauschein eine gemeinsame Wohnung zu mieten. Das Zusammenleben in „wilder Ehe“ war verboten.

     

    Rein biologisch betrachtet bedeutet Monogamie, dass zwei Individuen einer Art eine exklusive, lebenslange Fortpflanzungsgemeinschaft pflegen – im Gegensatz zu Polygamie, der Vielehe und der Polyamorie, also der offenen Beziehung.

     

    Seit wann die Monogamie als dominantes Beziehungsmodell existiert und wie sie sich entwickelt hat erfahren Sie weiter unten im Beitrag.

    Sexuelle oder soziale Treue?

    Wissenschaftler, vor allem Biologen, unterscheiden grundsätzlich zwischen sozialer und sexueller Treue. Sozial treue Spezies kümmern sich gemeinsam verlässlich um den Nachwuchs, sie unterhalten jedoch weitere sexuelle Kontakte. Sozial monogam zu leben bedeutet auch, dass sich die Partner umeinander kümmern. Gibbons, Präriewühlmäuse und Schwäne kuscheln, bringen sich Nahrung und verteidigen sich. Trotzdem geht auch der Schwan – das Sinnbild lebenslanger Treue –  manchmal fremd. Genanalysen beweisen es.

     

    Interessanterweise leben die meisten Säugetiere zumindest während der Aufzucht der Jungtiere sozial monogam. Bei den Vögeln sind es gut neunzig Prozent.

     

    Die zahlreichen Beobachtungen bringen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Arten, bei denen sich beide Eltern intensiv um die Aufzucht des Nachwuchses kümmern, eine intensivere Paarbindunge aufbauen. Sie leben also mit hoher Wahrscheinlichkeit sozial monogam.

     

    Ein Forscherteam aus Großbritannien und Schweden stellte anhand genetischer Untersuchungen unter Vögeln fest: Bei der gemeinsamen Aufzucht der Jungtiere ist nicht zwangsläufig der Versorger auch der biologische Vater.
    vgl. https://onlinelibrary.wiley.com/...

     

    Eine andere Untersuchung zeigte sogar, dass rund die Hälfte der Jungtiere genetisch nicht von dem Männchen stammen, das es versorgt.
    vgl. https://link.springer.com/article/...

     

    Der Unterschied zwischen sozialer und sexueller Treue tritt hier sehr deutlich hervor.

     

    Schließlich gibt es noch die viel zitierten Bonobos – kleine Menschenaffen, die scheinbar alle Probleme mit Sex oder durch Körperkontakt lösen. Alter, Geschlecht und Hierarchie spielen dabei keine Rolle.

     

    Ist Monogamie also ein Sonderfall? – Professor Lars Penke von der Universität Göttingen bringt das Ergebnis seiner Forschung mit folgenden Worten auf den Punkt: „Bei Tieren ist Monogamie immer eine Ausnahme. Sie bedarf einer Erklärung.“

    Was bedeuten diese Befunde nun für den Homo Sapiens?

    Einerseits zeigen sie, dass sexuelle und soziale Monogamie zwei unterschiedliche Kategorien sind. Menschen sind aus biologischer Sicht im weiteren Sinn Säugetiere, daher können Erkenntnisse aus dem Tierreich durchaus Hinweise für das menschliche Leben bieten.

     

    Der moderne Mensch gilt als monogam. Allerdings sind die wenigsten Vertreter unserer Spezies – zumindest in offenen Gesellschaften – ein Leben lang einem Partner sexuell und sozial treu. Daher fällt häufig der Ausdruck serielle Monogamie, um die Paarbindung zu beschreiben.

     

    Darüber hinaus regen die Ergebnisse dazu an, sich mit dem Thema Treue auseinanderzusetzen. 

    Sexuelle Treue: So leben Paare in Deutschland

    Die gute Nachricht vorweg: Umfragen ergeben, dass Paare in Deutschland sich tendenziell treu verhalten. Eine Befragung aus dem Jahr 2017 zeigt, dass 81 Prozent der deutschen Frauen noch nie fremdgegangen sind. Bei den Männern sagen dies immerhin 72 Prozent.
    Quelle:
    https://de.statista.com/.../umfrage-zu-untreue-in-einer-beziehung-nach-geschlecht/

     

    Vergleicht man die Ergebnisse verschiedener Umfragen, lässt sich folgendes feststellen: Die Seitensprung-Quote unter den befragten Männern bleibt relativ konstant. Im Gegensatz dazu schwankt der Anteil der Frauen, die ihren Partner schon einmal betrogen haben, erheblich – nämlich  zwischen 19 und 36 Prozent.

     

    Warum wird der Partner untreu?

    Die Ursachen für einen Seitensprung sind immer vielschichtig. Es gibt nie „den einen Grund“.

     

    Eine kürzlich veröffentlichte Langzeitstudie der Soziologinnen Christiane Bozoyan und Claudia Schmiedeberg von der Universität München liefert neue, spannende Erkenntnisse.
    https://epub.ub.uni-muenchen.de/...

     

    Es mag überraschend sein, aber die aktuelle Beziehungszufriedenheit spielt nur eine geringe Rolle für einen Seitensprung. Die Langzeitorientierung fällt viel mehr ins Gewicht. In Beziehungen, denen gemeinsame Projekte, Ziele oder Aufgaben fehlen, steigt das Untreuerisiko. Kein Wunder also, dass es in Beziehungen kriselt, wenn die Kinder das Haus verlassen und das Kapitel „Familiengründung“ abgeschlossen ist.

     

    Das bedeutet: Es lohnt sich, Zeit in die gemeinsame Zukunftsplanung zu investieren.

    Soziale Treue: Was macht eine gute Beziehung aus?

    Serielle Monogamie bedeutet: exklusive Paarbeziehung auf Zeit. In Deutschland hat die Hälfte der Männer und Frauen zwei bis vier Beziehungen. Das Ideal, nämlich mit nur einem Partner für immer zusammen zu sein, erreicht laut Umfrage nur jeder sechste Bundesbürger.

    Welche Faktoren beeinflussen eine Beziehung positiv?

    • Organisation des Alltags funktioniert
    • gegenseitige soziale Unterstützung (Reden und Zuhören)
    • gemeinsam lachen
    • gemeinsame Aktivitäten
    • einander Freiräume geben
    • regelmäßige Kommunikation
    • gemeinsame Rituale (z. B. abends oder morgens)
    • wenig Streit und Reiberein

    Interessant dabei: Konflikte nehmen zu und schöne gemeinsame Aktivitäten reduzieren sich, sobald Kinder geboren werden.
    vgl. https://www.mynewsdesk.com/de/elitepartner/...

     

    Wenn also das monogame Beziehungsmodell im Tierreich selten zu beobachten ist und der Homo Sapiens nur in Ausnahmefällen den „Partner für‘s Leben“ findet – wie entstand dann dieses Ideal der lebenslangen monogamen Beziehung?

     

     

    Eine kurze Geschichte der Monogamie

    Eine kurze Geschichte der Monogamie. Mann steht in einem geöffneten Buch
    Eine kurze Geschichte der Monogamie. Mann steht in einem geöffneten Buch

    Die Erfindung und Geschichte der Monogamie. | Quelle: © grandfailure - Adobe Stock

    Professor Penke von der Uni Göttingen geht davon aus, dass Monogamie eine kulturelle Erfindung des Menschen ist. Der Begriff Erfindung ist dabei neutral zu verstehen.

     

    Diese Sicht auf die menschliche Paarbeziehung deckt sich mit den Aussagen des Psychologen Christopher Ryan. Wie Lars Penke stellt er fest, dass Monogamie eine Sonderform der Paarbeziehung darstellt.

     

    Doch wie kam es dazu?

     

    Die längste Zeit der Menschheitsgeschichte, nämlich von der Altsteinzeit (ca. 2,5 Mio. Jahre vor unserer Zeitrechnung) bis zur Jungsteinzeit (ca. 9500 Jahre vor unserer Zeitrechnung), lebten unsere Vorfahren in Gruppen, die als Jäger und Sammler umherzogen. Diese Gruppen begegneten sich äußerst selten, schließlich war die Zahl der menschlichen Bewohner auf der Erde noch recht überschaubar.

     

    Während dieses Zeitraumes von über zwei Millionen Jahren kümmerte sich die ganze Gruppe um den Nachwuchs. Während die Männer gemeinschaftlich jagten und sich auf große Tiere konzentrierten, blieben die weiblichen Gruppenmitglieder zusammen, versorgten die Kinder, sammelten Gräser und Samen und erlegten kleinere Tiere, etwa Vögel.

     

    Das Thema Vaterschaft wurde damals so gelöst: Die Frauen hatten Sex mit verschiedenen Männern, teilweise sogar mit einzelnen Mitgliedern vorbeiziehender Sippen. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass dies aus verschiedenen Gründen sinnvoll war: Einerseits konnte kein Mann der Gruppe seinen Nachwuchs exakt identifizieren. Der Zusammenhalt war stark, alle fühlten sich miteinander verbunden und füreinander verantwortlich. Gleichzeitig sorgte die freie Sexualität und die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Frauen für ein ausgeglichenes Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern.

     

    Die Männer waren nicht davon abhängig, dass eine – also ihre – Frau für Nachwuchs sorgt. Die Frauen waren ebenfalls frei. Sie brauchten die Männer nicht zwingend zum Überleben, sie trugen selbst ihren Teil zur Nahrungsversorgung bei. Besitz, der verteidigt werden musste, gab es nicht. Die Kinder wurden von ihren Müttern mit einer spannenden Strategie geschützt. Indem die Frauen unregelmäßig auch mit einzelnen Männern aus fremden Gruppen Sex hatten, verhinderten sie Überfälle anderer Nomadenstämme. Nach dem Motto: Das könnte ja mein Sohn oder meine Tochter sein. Darüber hinaus sicherten sie eine Durchmischung und Erneuerung des Genpools.

     

    Zahlreiche Skelettfunde aus dieser Epoche weisen darauf hin, dass es damals kaum Gewalttaten gab. Die Verletzungen von Verstorbenen waren primär auf Jagdunfälle zurückzuführen.

    Vom Nomaden zum Bauern – vom Jäger zum Krieger

    Vor etwa zehntausend Jahren explodierte die menschliche Population. Der Homo Sapiens verbreitete sich rasend schnell. Die Kehrseite dieses Erfolgs: Das Großwild wurde rar und vormals nahrungsreiche Gegenden wurden durch die große Zahl umherziehender Nomadenstämme geplündert. – Eine neue Strategie war gefragt, um die Ernährung der Gruppe zu sichern.

     

    Zu dieser Zeit begannen immer mehr Sippen, sich an einem Ort niederzulassen und gezielt Gräser, – die Urformen heutiger Getreidesorten – anzubauen. Dazu gehörte auch, Werkzeuge zu entwickeln und Vorräte anzulegen. Üppige Vorräte und fruchtbares Land weckten Begehrlichkeiten. Gegenseitige Überfälle häuften sich, die vormals nomadischen Jäger wurden zu Kriegern. Die Gruppen wurden kleiner, die Familie entstand.

     

    Wer sein Land pflegt und verteidigt, möchte es an seine Nachkommen übergeben. Die Frage der Vaterschaft wurde plötzlich drängend. Der Mann versuchte, die Sexualität der Frau zu kontrollieren, um seine Vaterschaft zu sichern.

     

    Gleichzeitig war klar, dass die Eltern viel Zeit und Energie in ihren Nachwuchs investieren müssen. Der Mensch kommt unreif zur Welt. Er braucht Jahre, bis er selbstständig leben kann. Wenn Eltern so lange für ihren gemeinsamen Nachwuchs Verantwortung übernehmen, ergibt die monogame Lebensform Sinn.

    Was ist der Mensch: Natur- oder Kulturwesen?

    Wenn Autoren wie Christopher Ryan feststellen, dass Monogamie nicht die „natürliche“ Lebensform des Menschen ist, dann haben sie Recht. Diese Erkenntnis bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass Monogamie deshalb ein Konstrukt wäre, das dem Wesen des Menschen widerspräche.

     

    An dieser Stelle müssen wir einen differenzierteren Blick wagen: Wie bereits erwähnt, zählt der Homo sapiens aus biologischer Sicht zu den Säugetieren. Das, was uns Menschen von anderen Tieren unterscheidet, ist nach aktuellem Stand der Forschung unsere komplexe kulturelle Evolution – von der Schrift bis hin zur Technik. Das bedeutet: Das Mensch-Sein ist eine Mischung  aus biologischen Gegebenheiten und kulturellen Errungenschaften.

     

    Jede Kultur entsteht durch die Auseinandersetzung der Individuen untereinander und in der Anpassung an die regionalen Umweltbedingungen. So entwickelte sich zum Beispiel die Tradition des Goaßl-Schnalzens, also dem Knallen mit der Peitsche, in Bayern, um die dunklen Geister des Winters zu vertreiben. Am Äquator wäre so ein Brauch folglich nicht entstanden.

     

    Dass Mann und Frau ein Leben lang zusammenbleiben, hat also durchaus berechtigte Gründe. Monogamie ist eindeutig eine kulturelle Prägung und damit eine Entscheidung. Diese Entscheidung wird mehr oder weniger bewusst getroffen. Sie wurde lange Zeit nicht in Frage gestellt – im Grunde bis zur sexuellen Revolution in den 1968ern.

     

    Biologische Triebe und romantische Liebe

    Untreue begleitet die Monogamie seit es sie gibt. So war es im Mittelalter in den höheren Kreisen üblich, eine monogame Ehe aus Gründen des Machterhalts und er Vernunft einzugehen. Daneben spielten Liebschaften und Mätressen eine (fast) normale Rolle. Heute sind die Bedingungen anders: Vor dem Hintergrund des Ideals einer freien, romantischen Liebesbeziehung erwarten die Beziehungspartner soziale und sexuelle Treue voneinander.

     

    Dafür muss der Homo Sapiens seine Triebe kontrollieren. Die kulturelle bzw. gesellschaftliche Vereinbarung lautet: Der Impuls, Sex außerhalb der Zweierbeziehung zu haben, darf nicht ausgelebt werden. Kommt es doch dazu, wird der Zwischenfall sanktioniert. Für die Mehrheit ist der Seitensprung ein Trennungsgrund – Triebkontrolle ist also angesagt.

     

    Nun ist es so, dass moderne Forschungsmethoden zeigen: Die Fähigkeit zur Impulskontrolle wird von genetischen Programmen beeinflusst.
    Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/...

     

    Und nun? – Es gibt eindeutig Klärungsbedarf.

    Sexuelle Ethik und Moral

    In unserer modernen Gesellschaft bedeutet sexuell moralisches Verhalten vor allem zwei Dinge:

    1. Die Würde des Gegenüber ist zu achten.
    2. Sexuelle Handlungen basieren auf Freiwilligkeit.

    In diesem Sinn tragen die Beteiligten für sich und füreinander Verantwortung. Der Gesetzgeber hat Regeln formuliert, um Menschen, die dieser Verantwortung (noch) nicht gerecht werden können, zu schützen.

     

    Die sexuelle Moral wurde bis ins 18. Jahrhundert hinein von der Kirche bestimmt. Heute spielen verschiedene Ansätze in die Diskussion hinein: Religion, bürgerliche Vorstellungen und biologische Perspektiven.

     

    Der religiöse Einfluss hat an Kraft verloren. Eine nicht repräsentative Umfrage der Autorin zeigte, dass viele Paare die kirchliche Trauung weniger als religiöses Ritual denn als festlichen Rahmen betrachten. Konservative Glaubensanhänger dagegen richten sich in der Beziehungsgestaltung nach den alten Regeln. Moderne Gläubige zeigen sich offen für verschiedene Beziehungsformen wie uneheliche Lebensgemeinschaften und gleichgeschlechtliche Beziehungen. Für sie steht das Motiv der Bindung – also die Liebe –  im Vordergrund.

     

    Die Ideale der liberalen, offenen Gesellschaft setzen auf Selbstbestimmung und freie Entfaltung. Das bedeutet, dass Beziehungsmodelle und das Ausleben sexueller Bedürfnisse an die Wünsche der Beteiligten angepasst werden – und nicht umgekehrt. Dazu zählen Mehr-Personen-Beziehungen oder platonische Lebensgemeinschaften genauso wie die monogame Ehe.

     

    Last but not least bestimmen wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Biologie zur menschlichen Natur die Diskussion.

     

    Die Anthropologen Carel von Schalik und Kai Michel haben daraus ein interessantes Modell entwickelt.

    Das menschliche Verhalten wird danach von drei Faktoren beeinflusst:

    1. biologische Instinkte
    2. Kultur
    3. Vernunft

    Kultur und Vernunft unterscheiden den Homo Sapiens von der Tierwelt. Sexuelles Verhalten, also biologische Impulse, können über kulturelle Normen oder Vernunft gesteuert und verändert werden. Je stärker ein Handlungsimpuls in unserem Erbgut verankert ist, umso mehr Energie muss eine Gesellschaft oder der Einzelne aufwenden, um den Impuls zu kontrollieren.

     

    So ist beispielsweise der Drang nach Süßem bei den meisten Menschen so stark aufgeprägt, dass sie immer wieder Speisen mit zu viel Zucker essen. Sie wissen (Vernunft!), dass diese Lebensmittel ihrer Gesundheit schaden und gesunde Ernährungsgewohnheiten sind ein starker Trend (gesellschaftliche Norm!).

     

    Ähnliches gilt in gewissem Maß auch für Seitensprünge. Der oder die Betroffene weiß, dass er oder sie gegen eine gesellschaftliche Norm handelt und das Verhalten – sollte es bekannt werden – nicht toleriert wird. Die Erwartungsdruck von Seiten des Partners und von der Gesellschaft sind hoch. Auch die eigene Erwartung dem Partner gegenüber ist klar: Fremdgehen geht gar nicht.

     

    Im Vergleich zu dem hohen Wert, den sexuell treues Verhalten genießt, erscheint die Zahl der Seitensprünge hoch. Sind die biologischen Impulse in diesem Fall stärker als Vernunft und Kultur? Es scheint fast so.

    Moral – eine Frage der Kultur

    Wie unterschiedlich Gesellschaften sexuelle Moral auslegen, zeigt die folgende Grafik:

    Polygamie Verteilung auf der Welt
    Polygamie Verteilung auf der Welt

    Polygamie Verteilung auf der Welt | Grafik: ALL4SINGLES | Quelle: https://de.wikipedia.org/.../Polygamie

    Polygamie ist vor allem in Teilen Afrikas und in der islamischen Welt legal – ob sie tatsächlich gelebt wird, steht auf einem anderen Blatt. Der Anthropologe George P. Murdock hat eine umfassende Untersuchung von Familien- und Verwandtschaftssystemen aus verschiedensten Kulturen vorgelegt. Zwischen 1967 und 1980 untersuchte 1231 Gesellschaften.

     

    Dabei zeigte sich, dass Monogamie in 186 dieser Gesellschaften vorherrscht. In 458 Fällen existierte eine teilweise Polygamie und in 588 Fällen herrscht sie vorwiegend. Dagegen spielt die Polyandrie (Beziehung zwischen einer Frau und mehreren Männern) nur in vier Gesellschaften eine Rolle.

    FAZIT:

    Die eine „richtige“ Beziehungsform gibt es nicht. Bis heute orientieren sich die meisten Menschen in Deutschland an dem Ideal der lebenslangen, monogamen Zweierbeziehung. In unserer modernen und komplexen Welt dauert es länger als jemals zuvor, bis junge Menschen ihren Platz in der Welt der Erwachsenen einnehmen – Berufseinsteiger mit Ende zwanzig sind keine Seltenheit. Monogame  Beziehungsformen ergeben vor diesem Hintergrund Sinn.

    Gleichzeitig gibt es viele Paare, die nach der Familienzeit mit neuen Partner in den zweiten Lebensabschnitt starten. Ein Paradebeispiel für die serielle Monogamie.

    Sollte während dieser Zeit ein Seitensprung passieren, könnten die Partner mit dem Wissen aus diesem Beitrag offen miteinander sprechen und nach einem gemeinsamen Weg suchen. Es gibt immer eine Lösung.

    Alles Gute!

     

    Weitere Informationen gibt es zum Beispiel hier:

     

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    Susanne Schmieder

    Autorin: Susanne Schmieder

    Psychologin
    Mit Worten jonglieren, den richtigen Ton treffen und die Leser wertvoll informieren - das macht mir großen Spaß. Als Diplom-Psychologin verfasse ich hilfreiche und nützliche Fachartikel. Das bedeutet für mich Faszination und Herausforderung zugleich.

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