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Das Leben zwischen 50 und 75: die neue Gelassenheit

Die Jahre zwischen dem 50. und 75. Geburtstag sind die letzten in dieser Beitragsreihe, die wir genauer betrachten.

 

Ab 50 setzt beim Großteil der Menschen eine neue Art von Gelassenheit ein. Ein 52-jähriger Freund brachte es vor Kurzem auf den Punkt: „Früher hätte ich mich in so einer Situation total aufgeregt, heute bringt mich so etwas nicht mehr aus der Ruhe.“ Er meinte damit den Autofahrer vor uns, der die freie Bundesstraße mit Tempo 60 entlangfuhr und zugleich die Spur schlecht halten konnte. Ich selbst – zehn Jahre jünger – konnte tatsächlich weniger entspannt mit dem Kriech-Tempo umgehen.

 

Was passiert noch in dieser Zeit? Welche Herausforderungen kommen auf uns zu? Und: Wie können wir gut mit der Endlichkeit des Lebens umgehen, auf die wir mit jedem weiteren Lebensjahr einen Schritt zugehen?

 

Diese Themen beschäftigen uns in den nächsten Abschnitten – wie immer in Begleitung von Tipps und praktischen Übungen.

Das Leben zwischen 50 und 75 - die neue Gelassenheit
Das Leben zwischen 50 und 75 - die neue Gelassenheit

Lebensabschnitt der Gelassenheit und Erfahrung | Quelle: © Orlando Florin Rosu - Adobe Stock

Unsere Beiträge sind sehr ausführlich. Bitte nutzen Sie daher zur besseren Navigation das Inhaltsverzeichnis. Sollten Sie ergänzende Anregungen oder eigene Erfahrungen zum Thema besitzen? Freuen wir uns natürlich sehr über ein entsprechendes Kommentar am Ende des Beitrages.  

Wir wünschen eine inspirierende Lektüre!

Inhaltsverzeichnis
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    Zeit – eine neue Qualität

    Auch wenn die Medien den ewig jungen Menschen feiern, so verleiht doch die Tatsache, dass die Lebenszeit begrenzt ist, dem Dasein einen besonderen Wert.

     

    Hier ein Beispiel: Der prächtige Regenbogen am Horizont zieht Sie bei seinem Erscheinen in seinen Bann. Doch wie würden Sie das Naturschauspiel erleben, wenn Sie Ihren Blick über Stunden nur auf diesen Regenbogen richten würden? Irgendwann würde er seinen Reiz verlieren. – Das gilt auch für das Lieblingsgericht. Egal ob Tofu oder Schweinebraten – jeden Tag, in sämtlichen Variationen serviert – mutiert er von der Leibspeise zum „Nicht-schon-wieder“-Gericht. Ein Leben, das ewig dauert verliert den Großteil seiner positiven Spannung.

     

    Die Frage, wie die noch verbleibenden Jahre gefüllt werden, rückt ab 50 immer mehr in den Vordergrund. Eckhard von Hirschhausen brachte es in einem Interview auf den Punkt: „Wenn das Leben endlich ist, wann fange ich endlich an zu leben?“

     

    Es scheint so zu sein, dass ein Großteil der Menschen ihr Dasein eher mit Funktionieren als mit Lebendig-Sein in Verbindung bringt. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die gestressten und geschäftigen Mitmenschen als Leistungsträger der Gesellschaft gelten und entsprechend bewundert werden. Die hohe Anerkennung des Hetzens und Geschäftig-Seins ist keine Folge der natürlichen Evolution, sie ist ein Teil der von Menschen entwickelten Kultur – und sie ist noch nicht sehr alt.

     

    Vor rund zweihundert Jahren, während der Französischen Revolution, schrieb der Politiker Charles-Maurice Talleyrand-Périgord einem gestressten Diplomaten sinngemäß: Wir kennen keine Hast. Hektik ist albern. – Wollte der Diplomat erfolgreich verhandeln, musste er es schaffen ernst genommen zu werden. Hektisch und gestresst würde er sein Ziel nicht erreichen. Diese Einstellung rührte daher, dass geschäftige Eile eine Tugend guter Dienstboten war.

     

    Heute gelten die Gehetzten als Elite. Vor dem Hintergrund, dass Stress-basierte Krankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Burnout weit verbreitet sind, drängt sich die Frage auf: Wessen Dienstbote ist der moderne Mensch? Wer gibt den Takt vor: Mensch oder Maschine? Und: Welches echte Daseins-Problem löst der Stress-Hype? Fördert er die Gesundheit, die Lebenszufriedenheit? Nützt er der Familie, der Qualität der Partnerschaft? Schafft er Raum für Lösungen, um mit den Klimaveränderungen umzugehen?

    Tipp:

    Wenn Sie mögen, nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und schreiben Sie auf, welche Antworten Ihnen ganz konkret auf Ihr Leben bezogen einfallen: Welche Folgen – positiv wie negativ – hat Ihr persönliches Aktivitäts- und Stresslevel? Diskutieren Sie Ihre Antworten mit engen Freunden, Partnern oder der Familie. Vielleicht möchten Sie in dem ein oder anderen Bereich das Tempo reduzieren.

    Jetzt ist die Gelegenheit, andere Zeitqualitäten kennenzulernen. Das moderne Leben bietet mehr als den Hamsterrad-Modus. Sobald der Stresspegel sinkt, verändert sich auch die Gehirnaktivität. Kreativität und Fantasie bekommen Raum und Sie können Fähigkeiten in sich entdecken, die Sie nicht erwartet hätten. Vielleicht machen sich Träume und Sehnsüchte bemerkbar, die bisher unter vielen Pflichten verschüttet waren. Der häufig gebrauchte Satz: Ich bin im Ruhestand, ich habe keine Zeit, sollte nicht ausdrücken, dass der oft hektische Berufsmodus mit in die Rente genommen wird.

    Tipp:

    So reduzieren Sie ihr Tempo und tauchen ein in neue Erfahrungswelten

    Ein guter und praktischer Zugang bietet die Achtsamkeit. Der Mediziner und Forscher Jon Kabat-Zinn ist ein renommierter Experte auf diesem Gebiet. Von ihm stammt das Buch „Achtsamkeit für Anfänger“. Er zeigt Schritt für Schritt, wie Sie lernen, Ihre Aufmerksamkeit bewusst und gezielt zu steuern und führt sie damit in neue Erfahrungswelten. Auch wenn diese Technik häufig zur Stressreduktion eingesetzt wird, bereichert sie das Leben von allen, die sich mit Achtsamkeit befassen. Ob Achtsamkeitsübungen für Sie passend sind, können Sie natürlich nur selbst entscheiden. Der Artikel liefert nur Anregungen.

     

    Übrigens: Ihre Erfahrungen zum klugen Umgang mit der Lebenszeit können Sie als sinnvolles Erbe“ weitergeben. Auf diese Weise profitiert einerseits die jüngere Generation von den Erkenntnissen und gleichzeitig verbindet so ein Vermächtnis die Gebenden mit der Zukunft.

     

    Ein weiterer wichtiger Aspekt der zweiten Lebenshälfte betrifft die Familienplanung.

     

     

    Familienplanung Ü60: Sind alte Väter gute Väter?

    Familienplanung Ü60 - Sind alte Väter gute Väter. Mann und Kleinkind liegen auf einer Wiese
    Familienplanung Ü60 - Sind alte Väter gute Väter. Mann und Kleinkind liegen auf einer Wiese

    Vor- und Nachteile einer Vaterschaft im höheren Alter | Quelle: © Volodymyr - Adobe Stock

    Während die Natur den Frauen mit der Menopause eine Grenze für das Muttersein gesetzt hat, können Männer noch jenseits der Sechzig Kinder in die Welt setzen. An dieser Stelle geht es um die Frage, was ein spätes Vaterwerden bedeutet – für das Kind und den Mann.

     

    Der Entwicklungspsychologe Andreas Eickhorst forschte am Deutschen Jugendinstitut in München. Er beschreibt die Vor- und Nachteile der späten Vaterschaft:

    Vorteile Nachteile
    Finanzielle Absicherung vorhanden Kinder erleben den Tod des Vaters in jungen Jahren.
    Lebenserfahrung Kinder erleben früh, wie der Vater gebrechlicher und möglicherweise ein Pflegefall wird
    Viel Zeit für die Kinder in den ersten Lebensjahren Gemeinsame Aktivitäten wie Fußballspielen oder Klettern sind meist nicht möglich.
    Verfügt über ein dichtes soziales Netzwerk, das dem Fortkommen des Nachwuchses nützt Wenn Kinder den Altersunterschied zu Vätern der Freunde erkennen, kann eine schwierige Phase beginnen.

    Der Forscher gelangt zu dem Fazit, dass Väter höchstens vom Umfeld für zu alt gehalten werden, niemals jedoch vom Kind. Denn, so Andreas Eickhorst, eine innige Bindung sei der zentrale Faktor,  der alle möglichen Nachteile aufwiegt.

     

    Ein Punkt, der in diesem Zusammenhang interessant ist, ist die Leistungsfähigkeit im fortgeschrittenen Alter.

    Gute Nachricht: Leistungsfähigkeit muss nicht nachlassen

    „Ab 30 geht es bergab.“ Wahlweise auch schon ab 25. Wer kennt diese Sprüche nicht? Aus sportmedizinischer Sicht mit Blick auf den Leistungssport stimmt das auch. Doch für den Gesundheits- und Freizeitssportler trifft das so nicht zu.

     

    Zu diesem Schluss kommt eine Studie aus dem Jahr 2010. Auch wenn sie bereits etwas älter ist, lassen ihre Ergebnisse aufhorchen.

     

    Dieter Leyk, Professor an der Sporthochschule Köln und seine Kollegen untersuchten rund 900 000 Laufzeiten von Marathon- und Halbmarathonläufern. Warum gerade Marathon? Wenn Forscher die Leistungskurve im Verlauf des Lebens untersuchen wollen, stehen sie vor der Herausforderung, die tatsächliche körperliche Leistungsfähigkeit von den Auswirkungen eines inaktiven Lebensstils zu unterscheiden.  Ausdauersportler, die mindestens einen Halbmarathon schaffen, müssen ihren Lebensstil auf den Sport ausrichten. Das bedeutet: Sie werden wenig Alkohol trinken oder rauchen und nicht unter Adipositas leiden. Gleichzeitig ernähren sie sich gesund und bewegen sich regelmäßig. Damit sind die wichtigsten Auslöser für Lebensstil-bedingten Leistungsabfall ausgeschaltet. Unterschiede in der Leistungsfähigkeit sind folglich auf physische Merkmale wie das Alter zurückzuführen.

     

    Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass ältere Ausdauersportler nicht häufiger oder intensiver trainieren müssen als die jüngeren Läufer. Ungefähr 35 Prozent der Ü50-Läufer gaben an, vor dem Lauftraining sportlich nicht aktiv gewesen zu sein – bei durchschnittlich fünf Jahren Lauftraining.

     

    Für die Allgemeinbevölkerung lässt sich daraus ableiten: Der Leistungsabfall vor dem 55. Lebensjahr kein Schicksal. Natürlich ist die Gesundheit zu einem bestimmten Anteil genetisch bedingt. Eine aktive und gesunde Lebensweise kann diesen Anteil jedoch erheblich reduzieren und sogar das Leben gegenüber sportlich inaktiven Mitmenschen um bis zu 4 Jahre verlängern. Sie können jederzeit mit dem Training beginnen. Das Alter hat als Ausrede ausgedient. 😉

     

    Wie viel Aktivität ist notwendig?

     

    Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt zwischen 2,5 und 5 Stunden Bewegung pro Woche. Eine Mischung aus Ausdauertraining und Muskelaufbau sind ideal. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie Joggen, Walken oder Schwimmen. Für den Muskelaufbau eignet sich Yoga und Klettern genauso wie das Gang ins Sportstudio oder die Liegestützen zuhause. Hauptsache, Sie bewegen sich!

     

    Achtung: Auch wenn die häufigste Empfehlung lautet, dass mehr Sport besser ist, sollten Sie Ihren Ehrgeiz etwas zügeln. Übertraining schadet dem Körper und setzt die Psyche unter Druck. Sport und Bewegung sollen Spaß machen. Wer übertreibt und die Lust am Aktivsein verliert, erweist sich selbst damit einen Bärendienst. Lernen Sie sich und Ihren Körper kennen und finden Sie die richtige Dosis.

    Liebe und Sexualität – das Alter spielt keine Rolle

    Online- und Printmagazine berichten immer wieder Geschichten über das Glück, eine neue Liebesbeziehung im fortgeschrittenen Alter einzugehen. Trotzdem kann es überraschen, solche Paare im Alltag zu beobachten: Sie strahlen das selbe Strahlen wie junge, frisch verliebte Pärchen. Glücklicherweise scheuen sich die meisten Senioren-Paare nicht, ihre junge Liebe auszuleben.

     

    In einer Talkshow im Schweizer Fernsehen erzählt Karin Sautter, wie sie mit 70 Jahren all ihren Mut zusammennahm, um zum ersten Mal in ihrem Leben einen Mann anzusprechen, den sie interessant fand. Sie lebte nach dem Tod ihres Mannes einige Jahre alleine und wünschte sich wieder eine Partnerschaft. Zum Zeitpunkt der Fernsehsendung –  zwanzig Jahre später – sind die beiden immer noch ein Paar.
    Quelle: https://www.srf.ch/.../video/ka
    sautter-fand-neue-liebe-mit-70-jahren...

     

    Dieses Beispiel zeigt: Einer glücklichen neuen Liebe – egal in welchem Alter – stehen vor allem Denkblockaden und Ängste im Weg. Es lohnt sich, über den eigenen Schatten zu springen.

     

    Das gilt ebenso für die Sexualität. Frauen durchleben während der Wechseljahre eine intensive Veränderung. Auch wenn die hormonelle Umstellung unter anderem Hitzewallungen und Schlafstörungen mit sich bringt – Frauen können genauso wie Männer ihre Sexualität bis ins hohe  Alter genussvoll erleben. Diese Tatsache setzt sich nur langsam im gesellschaftlichen Bewusstsein durch. Die Vorstellung, eine Frau sei nach den Wechseljahren sexuell nicht mehr aktiv, ist immer noch weit verbreitet. Viel wahrscheinlicher ist es jedoch, dass Frauen, die keine erfüllende Sexualität erleben durften, die Wechseljahre als Möglichkeit nutzen, um sich von einer ungeliebten, ehelichen „Pflicht“ zu befreien.

     

    In einer Studie der FU Berlin berichtet die Mehrheit der Frauen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren mehrmals pro Monat Lust auf Sex zu haben.

     

    Dabei zeigt sich unter anderem, dass diejenigen, die mit ihren Partnern offen über ihre sexuellen Bedürfnisse sprechen, ein erfüllenderes Sexualleben führen.
    Quelle: https://www.fu-berlin.de/presse/...schultz-zehden/index.html

     

    Natürlich entstehen im Alter neue Herausforderungen wie eine Zunahme von Orgasmusstörungen, Scheidentrockenheit oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Für diese Schwierigkeiten gibt es  eine Lösung. Beratungsstellen wie ProFamilia oder die Gynäkologinnen vor Ort stehen Ihnen bei Fragen und Sorgen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite.

    Tipp:

    Das Buch „Super Sex beginnt mit 50: So bleiben Liebe und Lust lebendig.“ von Tracey Cox gibt umfassende Hinweise, wie Sie auch nach dem 50. Geburtstag noch lustvoll ihr Leben gestalten.

    Zusammenfassend sind dies die wichtigsten Faktoren sexueller Zufriedenheit bei Frauen ab 50 sind:

    • positive Einstellung zum eigenen Körper
    • eigene Bedürfnisse wahrnehmen
    • offene Kommunikation mit dem Partner oder der Partnerin
    • Ablegen traditioneller Rollenmuster
    • aktiv werden, Initiative übernehmen

    Bei Männern verhält es sich nicht viel anders. Auch sie müssen akzeptieren, dass sich ihr Körper verändert. So nimmt beispielsweise der Testosteronspiegel mit den Jahren ab und auch die Durchblutung reduziert sich. Die Folge: Es dauert länger bis eine Erektion entsteht, diese bleibt unter Umständen nicht mehr so lange wie früher stabil und ein Orgasmus ist nicht immer erreichbar.

     

    Die große Chance für Paare besteht darin, mit Kreativität und Freude am Entdecken, eingefahrene Gewohnheiten zu überwinden und Neues auszuprobieren.

    Die wichtigsten Faktoren sexueller Zufriedenheit bei Männern ab 50 sind:

    • offene Kommunikation über Bedürfnisse und Veränderungen
    • Die Vorstellung zu verabschieden, erfüllender Sex wäre nur mit Orgasmus möglich.
    • Freude am Experimentieren
    • Partnerinnen, die einfühlsam mit Erektionsschwierigkeiten umgehen
    • Selbstwert als Mann und Liebhaber nicht von der Erektion abhängig machen

    Die Sexualität im fortgeschrittenen Alter wird auch als zweiter Frühling bezeichnet. Die Kinder sind erwachsen und eine neue Freiheit entsteht.

    Die erwachsenen Kinder in der Pflicht?

    Wenn die Eltern älter werden, beginnen die Kinder zwangsläufig, sich mit dem Thema Alter und Gebrechlichkeit auseinanderzusetzen – meist erst, wenn Vater und Mutter um die 80 sind. Einerseits dürfen sich Senioren hierzulande auf geschenkte, gesunde Lebensjahre freuen. Die „Kinder“ haben zu diesem Zeitpunkt in der Regel die 50er-Marke bereits überschritten. Allerdings steigen die Raten von Spätgebärenden und so sehen sich zunehmend mehr junge Erwachsene mit der Frage konfrontiert, ob sie einen Pflegedienst engagieren, sich selbst um die Eltern kümmern oder einen Heimplatz suchen.

     

    Trotz aller Erfolge im Bereich Gleichstellung: Die Pflege von Angehörigen übernehmen zu 65 Prozent die Frauen – egal ob es sich um die eigene Mutter oder die Schwiegereltern handelt. Laut Robert-Koch-Institut pflegen etwa 4,7 Millionen Menschen in der Bundesrepublik ein Familienmitglied. Die enorme Verantwortung und die damit verbundene Belastung kann in Scheidungen, Depressionen und Einsamkeit münden. Damit dies nicht passiert, gibt es zahlreiche ambulante Versorgungsangebote. Wichtig ist, sich frühzeitig mit den Eltern über deren Wünsche und Vorstellungen auszutauschen. Sind die Eltern bereits dement oder körperlich stark geschwächt, sind solche Diskussionen kaum mehr sinnvoll und die ganze Last der Entscheidung liegt bei den Kindern.

     

    Ob Kinder moralisch verpflichtet sind, die Eltern zu pflegen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Einerseits ist klar, dass sie diesen Menschen ihr Leben verdanken und der Wert des familiären Zusammenhalts in der Gesellschaft eine große Rolle spielt. Gleichzeitig ist die Entscheidung immer eine Frage des konkreten Einzelfalles. Ist die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig gestört, ergibt es wenig Sinn, wenn ein Kind die Versorgung übernimmt. Das angespannte Verhältnis und der damit verbundene Stress wirken negativ auf das Wohlbefinden des Pflegebedürftigen und die Belastung für den pflegenden Angehörigen steigt enorm. An dieser Stelle sind klare Worte und Vereinbarungen innerhalb der Familie unersetzlich.

     

    Wer sich bewusst und freiwillig für die Pflegetätigkeit entscheidet, wird weniger psychische Belastungen erleben, als ein pflegender Angehöriger, der sich familiärem Druck oder gesellschaftlichen Erwartungen beugt.

    Umgang mit Krankheit, Schicksalsschlägen und Verlust

    Die Zeit ab 50 geht also mit Abschieden einher: die Kinder werden flügge, die eigenen Eltern werden gebrechlicher und sterben schließlich, die eigene Jugendlichkeit und Gesundheit verabschiedet sich und auch im persönlichen Umfeld häufen sich Krankheiten.

     

    Gleich vorweg: Trotz dieser negativen Erfahrungen nimmt die Lebenszufriedenheit nicht zwangsläufig ab. Die bereits erwähnte U-Kurve der Lebenszufriedenheit, deren Tiefpunkt Anfang der 40er liegt, ist noch am Steigen.

     

    Sie können sogar selbst aktiv ihre Lebensqualität fördern, indem Sie sich bewusst auf das Loslassen einlassen. Wer sich an Erfolgen, frühere Leistungsfähigkeit oder körperliche Unversehrtheit klammert, wird den Verlust als hemmender und schmerzvoller erleben, als eine Person, die eine offene Haltung den anstehenden Veränderungen gegenüber entwickelt.

     

    Dies gilt besonders für Schicksalsschläge. Nicht jedes Leben folgt den idealen Vorstellungen. Scheidung, schwere Krankheiten oder gar der Tod des eigenen Kindes können alle Pläne und Hoffnungen zerstören.

     

    Solche Erfahrungen können traumatisch sein und das Vertrauen ins Leben tief erschüttern. Damit Sie sich bestmöglich vor solchen Erschütterungen schützen, ist es wichtig, sich immer wieder klar zu machen, dass kein Mensch ein Anrecht auf ein perfektes Leben hat. Die Werbung, der hohe Lebensstandard hierzulande und die optimierte Selbstdarstellung in sozialen Medien mögen einen anderen – aber falschen – Eindruck vermitteln.

     

    Im Buddhismus gilt es als weise, sich die Endlichkeit des Lebens immer wieder vor Augen zu führen. Denn dadurch verändert sich der Blick auf das eigene Dasein. Es kann intensiver gelebt und bewusster gestaltet werden – die Zeit wird kostbarer. Der Spruch „Zeit ist Geld“ verliert an Wichtigkeit. Menschen, die an schweren Schicksalsschlägen nicht zerbrechen oder verbittern, sondern neue Kraft schöpfen und wieder Freude am Leben haben, geben der buddhistischen Philosophie recht. Die Psychologie spricht in diesem Zusammenhang von „posttraumatischem Wachstum“.

     

    Das unten erwähnte Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ vermittelt einen Eindruck von der Sicht auf das Leben, wenn die Zeit knapp wird. Je früher sich eine solche Erkenntnis durchsetzt, umso länger profitieren Sie davon.

     

    Ganz im Sinne des nun folgenden Zitates von Marc Aurel:

     

    Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird, zu leben.

     

    Alles Gute für Sie!

     

    Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier:

    • Geissler, Karlheinz A. (2012): Einlandung zur Langsamkeit. Kreuz-Verlag.
    • Ware, Bronnie (2015): 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden. Goldmann Verlag.
    • Leyk, Dieter et al. (2010): Leistungsfähigkeit im mittleren und höheren Lebensalter. Deutsches Ärzteblatt, Ausgabe 46/2010, S. 809 – 816.
    • Cox, Tracey (2021): Super Sex beginnt mit 50: So bleiben Liebe und Lust lebendig.
    • Wetzstein, M., Rommel, A., Lange, C. (2015): Pflegende Angehörige – Deutschlands größter Pflegedienst. Hrsg. RKI, Berlin. GBE kompakt 6(3).
    • Kabat-Zinn, J.(2013): Achtsamkeit für Anfänger. Arbor-Verlag.

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    Susanne Schmieder

    Autorin: Susanne Schmieder

    Psychologin
    Mit Worten jonglieren, den richtigen Ton treffen und die Leser wertvoll informieren - das macht mir großen Spaß. Als Diplom-Psychologin verfasse ich hilfreiche und nützliche Fachartikel. Das bedeutet für mich Faszination und Herausforderung zugleich.

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